Für einmal Einigkeit im Einwohnerrat
Jahresrechnung 2021 vom Gemeindeparlament ohne Gegenstimmen genehmigt
In seiner Mai-Sitzung genehmigte der Einwohnerrat ohne Gegenstimme die Jahresrechnung 2021. Für einmal waren sich die Fraktionen weitgehend einig. Auf eine Diskussion zu den Busanschlüssen am Bahnhof wurde nach langem Hin und Her verzichtet.
Einwohnerrat Gemeindepräsident Max Eugster erklärte den Besserabschluss gegenüber Voranschlag um 5,3 Mio. Franken mit Steuermehreinnahmen, die teilweise auf die im Zuge der Pandemie vorsichtige Rechnungsstellung der Steuerverwaltung zurückzuführen seien, mit einem Plus bei den Handänderungs-, Grundstücksgewinn- und Erbschaftssteuern sowie der Budgetdisziplin der Verwaltung. Doch trotz des Gewinns von rund 3,5 Mio. Franken hätten die getätigten Investitionen zu einem Anstieg der Verschuldung geführt. «Zu Sparbemühungen werden Sie dieses Jahr noch mehr hören», versprach Eugster. Reto Frei pflichtete als Präsident der Finanzkommission (Fiko) bei: «Die Gemeinde erwirtschaftet Geld, aber zu wenig, um die Investitionen aus eigenen Mitteln zu finanzieren.» Gemeinderat und Einwohnerrat müssten einen zielführenden Dialog über das richtige Mass an Sparbemühungen führen. Zu viel zu sparen, könne die Einnahmen einbrechen lassen und damit kontraproduktiv sein.
Hohe Verschuldung
Michael Kellenberger erklärte, aus Sicht der SP stehe einer Genehmigung der Rechnung nichts im Wege. Man solle aber nicht vergessen, dass das gute Resultat teilweise auch auf die Einschränkungen zurückzuführen sei. David Ruprecht befand für die EVP-CVP-Fraktion, das Problem mit der strukturell bedingten Neuverschuldung sei nach wie vor ungelöst und auch nicht getätigte Investitionen seien für nachfolgende Generationen eine Schuld. Seine Fraktion werde sich der Diskussion zu einer temporären Steuererhöhung auf keinen Fall verweigern. Urs Signer von der FDP meinte, man sei erfreut, dass die Forderungen des Einwohnerrates erhört worden seien und der Gemeinderat echte Sparbemühungen zeige. Die Pro-Kopf-Verschuldung sei aber immer noch sehr hoch und weise die falsche Tendenz auf. Hans Hagmann von der Gewerbe/PU-Fraktion erklärte, es sei erfreulich, dass viele Projekte unter Budget abgeschlossen worden seien. Der Spardruck bleibe angesichts der anstehenden Investitionen aber bestehen. Anita Hug von der SVP sagte, ihre Partei erwarte, dass der Überschuss für Rückstellungen und nicht für die Planung neuer Investitionen eingesetzt werde. Der Einwohnerrat stimmte schliesslich mit 28 Ja-Stimmen bei einer Enthaltung für die Genehmigung der Jahresrechnung 2021.
Weiterbildung für GPK?
Erwartungsgemäss für weniger Diskussionsstoff sorgten der Rechenschaftsbericht der Gemeinde sowie der Bericht der Geschäftsprüfungskommission (GPK) für das Geschäftsjahr 2021, schliesslich bedingen diese lediglich eine «Kenntnisnahme» und nicht eine «Genehmigung». Ein kritisches Votum zur Arbeit der GPK kam von Franz Rechsteiner (Mitte). Die Aufgabe der GPK sei es, nicht vorauszublicken, sondern vergangene Geschäfte zu prüfen, um allfällige Fehler und Unregelmässigkeiten aufzudecken. Rechsteiner regte eine zusätzliche Aus- und Weiterbildung für die GPK-Mitglieder an. Support erhielt er von Claudia Graf (SP), die als abtretendes Mitglied der GPK anregte, zukünftig einen Leitfaden und eine Strategie zu entwickeln, Rollen, Abgrenzungen und Berührungspunkte mit der Fiko zu klären und ein Prüfprogramm zu erstellen. Jeannette Locher-Wehrlin (FDP) meinte zum Rechenschaftsbericht, ihre Partei stehe der Doppelrolle Glen Aggelers als Gemeinderat und Präsident des Christkindlimarktes kritisch gegenüber, schliesslich würden Anträge und Bewilligungen so am gleichen Tisch zusammenlaufen. Gespannt warte man ausserdem auf die vom Gemeinderat angekündigten Massnahmen zur Reduktion des Defizits im Ressort Sport.
Fokus auf hochfrequentierte Linien
Zu den Traktanden der Mai-Sitzung gehörte auch die Beantwortung von zwei Interpellationen. Gemeinderätin Stefanie Danner erklärte zur Interpellation «Busanschlüsse am Bahnhof Herisau», die direkten Anschlüsse seien auf die mit Abstand am stärksten frequentierten Linien von und nach St.Gallen sowie Gossau ausgerichtet. Bei der Vielzahl an Ankünften und Abschlüssen könne man unmöglich auf alle Wünsche Rücksicht nehmen und würde man beispielsweise die Anschlüsse Richtung Toggenburg stärken, führe dies zu einer Verschlechterung auf den weit mehr genutzten Routen. Eine Verkürzung der Intervalle benötige zusätzliche Busse und Chauffeure, was extrem teuer wäre. «Der Gemeinderat sieht keine Veranlassung für grundlegende Veränderungen», schloss Danner. Interpellant Franz Rechsteiner beantragte daraufhin eine Diskussion im Rat. Doch nach zwei Anläufen und mehreren Nachzählungen stand die Ablehnung des Antrags mit 18:11-Stimmen fest. In der Beantwortung der Interpellation «Zubringer Appenzellerland – wie weiter?» erklärte Gemeindepräsident Max Eugster, man halte die Nichtaufnahme des Zubringers ins Strategische Entwicklungsprogramm für Nationalstrassen für einen Affront. Man sei klar der Meinung, dass dieses Projekt jetzt angegangen werden müsse.
Von Tobias Baumann