«Wunderwelten des Figurenspiels»
Im Figurentheatermuseum Herisau gibt es viel zu bestaunen
Seit September 2020 besteht in Herisau, mitten im Ort, ein Figurentheatermuseum. Kinder und Erwachsene finden dort Anregung und Unterhaltung. Seit Herbst vergangenen Jahres wird zusätzlich ein Figurentheater betrieben, bei dem Ensembles die Besucherinnen und Besucher verzaubern.
Kultur Der Boden im alten Haus knarrt und wer die Stufen hinaufgeht, landet in einer bunten Welt. Derzeit sind die «Schaffhauser Marionetten» in Herisau ausgestellt. Im zweiten Stock, den man über eine steile schmale Wendeltreppe und eine Holztreppe erreicht, sind zahlreiche handgemachte Marionetten ausgestellt. «Monique und Hermann Ammann haben mit diesen Marionetten und ihrem Ensemble bis 2006 gespielt. Dann fiel der Vorhang zum letzten Mal», erzählt Kurt Fröhlich, Inhaber des Figurentheatermuseums. Hermann Ammann ist inzwischen 90 Jahre alt und freue sich ausserordentlich, dass seine selbst gemachten Marionetten noch einmal eine Bühne erhielten, sagt Fröhlich. Die beiden Männer kennen sich schon lange, weswegen auch die Ausstellung zustande gekommen ist.
«Dafür lohnt sich jeder Aufwand»
«Die Ausstellung kann bis Ende April 2023 bestaunt werden. Was danach ausgestellt wird, ist derzeit noch nicht klar», sagt Fröhlich. Eine Ausstellung müsse eine Geschichte erzählen, damit sie bei ihm in der Ausstellung Platz finde. «Zudem sollte dokumentiert sein, was damit gespielt wurde und wann. Ohne Hintergrund wird es schwierig, eine spannende Ausstellung zu kreieren», sagt Fröhlich. Seit über 40 Jahren ist er dem Figurentheater verschrieben und nach wie vor hell begeistert davon. «Die unendlichen Möglichkeiten faszinieren mich. Zuerst habe ich einen leeren Raum, in dem ich optisch und akustisch eine Welt erschaffen kann. Vieles, das im Theater mit Menschen schwierig ist, kann ich gut umsetzen. Ich kann Figuren durch die Luft fliegen lassen oder sie sogar köpfen – das ist zwar nicht schön, aber es geht», sagt Fröhlich und lacht. Er hat die Figuren und Kulissen stets mit viel Geschick selbst gebaut, was oftmals eine Herausforderung darstellt. Mit seinen vielen Stücken war Kurt Fröhlich auf der ganzen Welt unterwegs. Er selbst sieht sich als Geschichtenerzähler. «Wenn eine Aufführung gelingt, ist der Kontakt zum Publikum eng und man befindet sich gemeinsam im Moment», sagt er. Diese Resonanz geniesse er, das seien wunderschöne Momente. «Dafür lohnt sich jeder Aufwand.»
Archiv, Sammlung und Bibliothek
Fröhlich eröffnete das Figurentheatermuseum im September 2020 im historischen Appenzellerhaus an der Oberdorfstrasse 18. Das Haus hat er selbst renoviert und so können heute auf vier Stockwerken Figuren aus einer Sammlung von 600 internationalen und rund 120 nationalen Marionetten, Handpuppen und Schattenfiguren bestaunt werden. Nur schon seine eigenen Figuren könnten das Haus füllen. Im Foyer können Apéros ausgeschenkt werden, bevor die Vorstellungen für Kinder und Erwachsene im Theater auf demselben Stockwerk stattfinden. In einem Raum, der Platz für 40 Gäste bietet, findet der Zauber des Figurentheaters statt. «Es gibt ausserdem eine Bibliothek, in der ich ein Archiv aufgebaut habe. Ich möchte damit die wenig dokumentierte Kulturgeschichte des Figurentheaters festhalten. In der Schweiz gibt es nur ein ähnliches Museum und das befindet sich in Fribourg», sagt Fröhlich. Er möchte künftig ein hauseigenes Ensemble aufbauen und eine Plattform bieten für externe Leute mit Lesungen oder Ausstellungen – das Figurentheater bleibt zentral, aber es brauche auch neue Inputs. «Es soll ein Ort werden, an dem man sich überraschen lassen kann.»
Stefanie Rohner