Harry Wirth
freut sich auf den Markt-Erlebnistag und wünscht sich viele Gäste.
Im Appenzellerland wird der Jahreswechsel bekanntermassen gleich zwei Mal gefeiert: nach dem gregorianischen Kalender am 31. Dezember und nach dem julianischen Kalender am 13. Januar. An beiden Daten sind die Silvesterchläuse unterwegs. So auch der «Drüü-Lende Schuppel» aus Herisau.
Brauchtum Frühmorgens, wenn die meisten noch im warmen Bett liegen, treffen sich die Silvesterchläuse – bepackt mit Groscht (Gewand), Hüten, Hauben und Schellen. «Einzelne Schuppel treffen sich schon um drei Uhr morgens. Unsere Gruppe allerdings kommt um fünf Uhr zusammen. Dann essen wir gemeinsam, bevor wir uns bereit machen», sagt Simon Schoch aus Herisau. Bei den Silvesterchläusen unterscheidet man zwischen den Schönen, den Wüeschten und den Schö-Wüeschten Chläusen. «Wir sind als schöne Chläuse unterwegs. Daher hält sich unser Aufwand, uns am Morgen bereit zu machen, in Grenzen. Da haben andere mehr zu tun», sagt Schoch.
Die schönen Chläuse tragen kunstvoll gestaltete Hüte und Hauben meist mit Szenen aus dem bäuerlichen Leben und Samtgewänder. Die Wüeschten und Schö-Wüeschten bestechen durch kunstvolle, manchmal auch wild geschmückte Masken, Hüte und Hauben. «Die Groscht der Wüeschte sind rau buschig und wild, alles ist aus Naturmaterialien. So auch bei den Schö-Wüeschte, wobei dort die Gewänder feiner gestaltet sind als bei den Wüeschten», sagt Schoch. Die Silvesterchläuse sind am 31. Dezember und 13. Januar unterwegs und ziehen dann von Haus zu Haus. «Die Route legt jede Gruppe selbst fest. Wir versuchen immer, allen Wünschen aus der Gruppe gerecht zu werden und alle Personen, die uns wichtig sind, anzuchlausen», sagt Schoch und fügt an: «Wir gehen seit drei Jahren als schöne Chläuse. Das Gewand liessen wir uns schneidern – die Hüte und Hauben aber gestalten wir selbst.» Machen die Silvesterchläuse Halt bei einem Haus, wird ein Zäuerli angestimmt und gechlaust. Damit wünschen sie den Anwohnerinnen und Anwohnern ein gutes neues Jahr. Die Silvesterchläuse sind oftmals bis in die Nacht hinein unterwegs – von Haus zu Haus und von Restaurant zu Restaurant.
Laut Appenzellerland Tourismus fand dieses Brauchtum 1663 erstmals schriftliche Erwähnung. Zurückzuführen ist das Entstehen dieses Brauchs auf die gregorianische Kalenderreform. Im 16. Jahrhundert brach ein konfessioneller Streit aus, als Papst Gregor XIII den julianischen Kalender anpasste – doch die Ausserrhoder weigerten sich, den neuen gregorianischen Kalender anzuerkennen. Auch wenn sich der neue Kalender durchgesetzt hat: Am 13. Januar, also nach julianischem Kalender, wird noch immer Silvester gefeiert.
Am 31. Dezember war der «Drüü-Lende Schuppel» in Herisau unterwegs, am 13. Januar wird die Gruppe dann in Schwellbrunn und Waldstatt sein. Schoch ist seit 23 Jahren Silvesterchlaus. «Es war eine Verkettung diverser Umstände, die zur Gründung unserer Gruppe führten. Ich hatte früher keinen engen Bezug zum Chlausen, habe es aber gekannt, da ich es von klein auf in Herisau erleben konnte. Nach einem motivierenden Anstoss von aussen haben wir den Schuppel gegründet», erzählt er. Der «Drüü-Lende Schuppel» umfasst sieben Chläuse – das genüge. «Unser Schuppel ist komplett. Die meisten haben zwischen sechs und acht Chläuse», sagt Schoch. Für keinen der Gruppe sei es derzeit eine Option aufzuhören. «Auch wenn wir mit 40 bis 50 Jahre schon zu den älteren Chläusen gehören.»
In Herisau genossen die Mitglieder des «Drüü-Lende Schuppel» den Tag, es sei schön gewesen. Man starte jeweils in den Aussenquartieren und sei dann im Kern des Dorfes anzutreffen. «Wenn man mit offenen Ohren durch die Strassen geht, kann man die Chläuse finden.» Es sei immer unterschiedlich, wie viele Gruppen unterwegs sind. Im Herisauer Zentrum seien etwa sechs Schuppel unterwegs gewesen. «Gesamthaft waren es sicher wesentlich mehr», sagt Schoch. Nebst Einheimischen kommen oft auch auswärtige Besucherinnen und Besucher, um sich den Brauch anzusehen. Auch Kinder bilden Schuppel und machen sich als Chläuse auf den Weg. «Dort sind manchmal auch Mädchen dabei, bei den Erwachsenen ist mir nicht bekannt, dass schon Frauen dabei gewesen wären», sagt Schoch. Er geniesst das Silvesterchlausen, das Schönste findet er das Transportieren der Freude. «Wir besuchen Menschen, zu denen wir einen Bezug haben. Wenn man sieht, wie man die Menschen mit dem Chlausen und den Zäuerli berührt, geht das einem selbst sehr nahe.»
Stefanie Rohner
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