«One way Ticket» zum Mars
Steve Schild will zum Mars. Wenn für den St.Galler alles wie geplant verläuft, sitzt er im Jahr 2026 mit drei anderen Menschen in einer Rakete zum Mars, wo sie den Rest ihres Lebens verbringen werden. Denn vom Mars gibt es kein Zurück mehr.
Ramona Koller
Der in Zürich wohnhafte Steve Schild gehört zu den letzten 100 möglichen «Marstronauten». Im weiteren Auswahlverfahren wird diese Anzahl weiter verringert, bis die 24 letzten in eine zehnjährige Ausbildung starten, und schlussendlich eine Vierergruppe, bestehend aus zwei Männern und zwei Frauen, ihre Reise zum Mars antreten werden.
Steve Schild, was ist das Ziel der Mission «Mars one»?
Es geht darum, den Mars zu besiedeln. Wir werden zu Beginn vier Leute sein, die zum Mars fliegen und dort eine Station aufbauen in der wir leben können. Anschliessend kommen in regelmässigen Abständen weitere Personen nach, und so wird der Mars besiedelt.
Was hat die Mission für einen Nutzen für die Menschheit?
Auf dem Mars wird es notwendig sein, alles zu recyceln, da wir, bis auf Wasser, kein natürliches Rohstoffvorkommnis haben wie auf der Erde. Das Wissen, das wir uns auf dem Mars aneignen, werden wir an die Menschen auf der Erde weiterleiten und ihnen somit bei der Weiterentwicklung helfen. Die Übermittlung erfolgt mittels «one way transmission» Das heisst, wir schicken vom Mars eine Nachricht, die mit Verzögerung auf der Erde ankommt, und die Erde kann wiederum mit Verzögerung darauf antworten.
Ist es definitiv, dass du auf den Mars fliegen wirst?
Definitiv ist es erst, wenn die ausgewählten Leute in die Rakete einsteigen. Es ist möglich, dass sich jemand zehn Minuten vor dem Start ein Bein bricht oder jemand eine Grippe hat und somit nicht mitfliegen kann.
Was sind deine Beweggründe, um an dieser Mission teilzunehmen?
Ich bin mit Raumschiff Enterprise aufgewachsen. Der Gedanke, etwas Neues, Einzigartiges zu erleben und den Weltraum zu bereisen, war schon immer in meinem Kopf. Ich habe meinen Eltern damals schon gesagt, wenn ich eines Tages die Möglichkeit habe, in den Weltraum oder sogar auf einen andern Planeten zu fliegen, dann mache ich das auch. Ich habe dann auf Raten meiner Eltern hin zwei Ausbildungen absolviert, jedoch mein Ziel nie ganz aus den Augen verloren.
Wie viel Zeit nimmt die Mission in deinem Leben ein?
Sehr viel. Ich verbringe neben meiner Arbeit als Personalberater einen Grossteil meiner Freizeit mit Sport, Reisen (hauptsächlich zu anderen Teilnehmern der Mission) oder damit, Bücher über den Mars zu lesen. Unter anderem deshalb, und weil ich allgemein zu wenig Zeit für sie hatte, hat sich im Juli auch meine Verlobte von mir getrennt, weil ich ihr zu wenig Zeit gewidmet habe und sie sich neben dem Mars zweitrangig vorkam. Sie wusste allerdings schon als wir uns kennenlernten, dass ich, wenn ich die Möglichkeit bekomme, ins Weltall fliegen werde. In diesem Fall halt ohne Rückkehr. Dies hat dann zur Trennung geführt.
Wieso gibt es keine Rückkehr?
Das ist vor allem aus technischen Gründen nicht möglich. Der Flug dauert acht Monate in einer 30 qm grossen Kapsel. Um mit dieser Rakete auch einen Rückflug möglich zu machen, müsste die Rakete ein Vielfaches grösser sein, allein schon um den nötigen Treibstoff für die Rückkehr zu fassen. Wird das nicht ein bisschen eng? Ja, der Flug ist eine der grössten Herausforderungen auf der Mission. Deshalb achtet «Mars one» auch so stark auf die Persönlichkeit der zukünftigen Marskolonisten. Auf dem Mars werden wir über 250 qm zur Verfügung haben, was für vier Personen doch relativ viel Platz ist, aber auch dort wird es Konflikte zu bewältigen geben.
Was wirst du machen, wenn du nicht angenommen wirst?
Wenn ich nicht angenommen werde, tut das natürlich sehr weh. Ich gehe aber nicht davon aus, dass sie mich ablehnen, da ich mich doch meiner Meinung nach sehr gut für das Leben auf dem Mars eigne. Wenn allerdings dieser Fall eintritt, lasse ich mich nicht gehen, sondern einfach mein Leben weiterleben und mich anderen Projekten widmen. Ich hatte bisher eine grossartige Zeit durch die Organisation «Mars one» und viele interessante Leute kennengelernt. Nur schon für diese grossartigen Erfahrungen bin ich dankbar.
Laut Experten besteht nur eine 30 prozentige Chance, dass die Crew den Flug überlebt ...
Ich fokussiere mich und vertraue auf die Technik. Im Extremfall ist der Überlebenswille eines Menschen so gross, dass ich davon überzeugt bin, dass wir irgendeine Lösung finden würden, um uns selbst zu retten. Dadurch, dass schon viele Unfälle in der Raumfahrt passiert sind, wurden die grössten Risiken weitestgehend beseitigt.
Was ist, wenn sich jemand auf dem Mars verletzt?
Jeder im Team wird auf einem Spezialgebiet ausgebildet, und ein anderer ist quasi sein Stellvertreter. So wird auch jemand als Fachgebiet Medizin haben. Natürlich können auf dem Mars keine schwerwiegenden Verletzungen oder Erkrankungen behandelt werden, da wichtige Instrumente aus Platzmangel nicht mitgenommen werden können. Aber einfache Sachen wird man heilen können.
Wenn jemand stirbt, wie wird die Person beerdigt?
Das weiss ich nicht genau. Vergraben ist theoretisch möglich, gestaltet sich aber schwierig, da auf dem Mars die Durchschnittstemperatur minus 55 °C beträgt. Da es auf dem Mars aber keine Ausübung von Religion geben wird, und das Vergraben in der Erde respektive das Verbrennen mit der Zeremonie eigentlich von der Religion her rührt, ist das nicht so ein grosses Problem. Die Details sind allerdings noch nicht geklärt. Der genaue Ablauf wird sich zeigen.