Julian Gemperli
misst sich bei den WorldSkills mit anderen Metallbauern.
Hanspeter Betschart, Chief Medical Officer bei Swiss Olympic.
Am Freitag in einer Woche starten die Olympischen Spiele in Paris. Mit dabei sein wird als Chief Medical Officer von Swiss Olympic auch Hanspeter Betschart, Chefarzt der Berit SportClinic. Es sind für ihn die vierten Olympischen Spiele, an denen er teilnimmt, aber die ersten als medizinischer Leiter.
Olympische Spiele 2024 In neun Tagen starten die Olympischen Spiele in Paris. Dr. Hanspeter Betschart, Chief Medical Officer bei Swiss Olympic, erzählt im Interview, wie sich das Medical-Team auf den Grossanlass vorbereitet hat und wie die medizinische Betreuung vor Ort aussehen wird.
Hanspeter Betschart, Sie sind zum ersten Mal als Chief Medical Officer von Swiss Olympic an den Olympischen Spielen mit dabei. Was bedeutet Ihnen das?
Es ist eine grosse Ehre, dass ich für dieses Amt gewählt wurde. Da ich bereits an drei Olympischen Spielen dabei war und in Peking und Tokyo auch schon stellvertretender medizinischer Leiter war, zeigte mir, dass ich das Vertrauen von Swiss Olympic geniessen darf. Für mich ist es aber auch eine Anerkennung dafür, wie viel Herzblut ich in all den Jahren in die Sportmedizin gesteckt habe und ein Dank dafür, was ich in der Sportmedizin geleistet habe. Ich habe Respekt vor dieser Aufgabe, freue mich aber auch darauf.
In neun Tagen starten die Olympischen Spiele in Paris. Sind Sie schon nervös?
Bei mir überwiegt momentan die Vorfreude. Letzte Woche durfte ich die offizielle Bekleidung von Swiss Olympic für Paris ausfassen und anprobieren. Das war speziell. Wir haben uns zwei Jahre vorbereitet und nun spürt man, wie die Spiele immer näher rücken. Jetzt schauen wir, dass wir alles parat haben für nächste Woche und dann bin ich auch froh, wenn es endlich losgeht.
Zwei Jahre Vorbereitung ist eine lange Zeit. Wie lief diese Vorbereitung ab?
Wir mussten die Athletinnen und Athleten auf die Gegebenheiten in Paris vorbereiten, das kann man nicht erst einen Monat im Voraus machen. Wir wissen zum Beispiel, dass es in Paris sehr heiss werden kann. Darauf mussten wir uns mit den Teamchefs vorbereiten und entsprechend auch den Athletinnen und Athleten kommunizieren. Auch wie man vor Ort arbeiten möchte, musste im Führungsteam abgesprochen werden, die Krisenschulung mit Fedpol wurde durchgeführt und das ganze Material musste vorbereitet und verschickt werden.
Wie sieht eure medizinische Infrastruktur in Paris aus?
Wir versuchen einerseits, einen Behandlungsraum einzurichten, in dem wir auch ein Ultraschall- und ein Laborgerät aufstellen und die ganzen Medikamente aufbewahren. Andererseits werden wir aber auch Physio-Behandlungsplätze einrichten und Eisbäder aufstellen. Uns stehen im Olympischen Dorf einige Quadratmeter zur Verfügung, die wir allein für den medizinischen Bereich nutzen.
Hatten Sie schon die Gelegenheit, die Infrastruktur vor Ort zu besichtigen?
Die Gelegenheit dazu hätte ich gehabt. Die Vergangenheit hat aber gezeigt, dass es kaum etwas bringt, sich die Anlage vorgängig im Rohbau anzuschauen. Da das viel Zeit kostet, habe ich auf eine Besichtigung vor Ort verzichtet.
Was unterscheidet die Arbeit an den Olympischen Spielen von Ihrem gewohnten Klinik-Alltag?
In der Klinik haben die Patientinnen und Patienten feste Termine, an den Spielen müssen wir 24 Stunden am Tag bereit sein. Wenn eine Athletin mitten in der Nacht mit einem medizinischen Problem aufwacht, erwarten wir, dass sie uns anruft oder bei uns vorbeikommt, damit wir das behandeln können. Das können auch banale Dinge sein wie zum Beispiel Schlaflosigkeit. Natürlich hoffen wir, dass die Athletinnen und Athleten uns nicht grundlos mitten in der Nacht aus dem Schlaf reissen, doch grundsätzlich sind wir rund um die Uhr für sie da. Ein weiterer Unterschied zum Klinikalltag ist auch, dass wir nicht die ganze Zeit an einem festen Ort sind, sondern mit den Athletinnen und Athleten mit an die Wettkämpfe fahren, um sie vor Ort zu betreuen.
Insgesamt 128 Schweizer Athletinnen und Athleten fahren nach Paris. Ist eine individuelle medizinische Betreuung bei so vielen Personen möglich?
Bisher ist das noch immer gegangen. Aufgrund der Vorschriften des Internationalen Olympischen Komitees können wir nicht beliebig viel Personal mit nach Paris nehmen, sondern nur eine bestimmte Anzahl an Leuten akkreditieren lassen. Das heisst, man muss gewisse Abstriche in Kauf nehmen. Das medizinische Personal umfasst 28 Personen, darunter vier Ärztinnen und Ärzte, zwei Notfallpsychologinnen und -psychologen und 22 Physiotherapeutinnen, Physiotherapeuten, Osteopathinnen und Osteopathen. Damit sollten wir grundsätzlich zurechtkommen.
Hat jeder der vier Ärztinnen und Ärzte eine Spezialisierung oder müssen alles etwas von allem machen?
Wir haben bei der Zusammenstellung des Teams darauf geachtet, dass wir möglichst breit aufgestellt sind und verschiedene Fertigkeiten abgedeckt sind. Dabei haben wir auch Rücksicht auf die Wünsche aus den einzelnen Verbänden genommen. So haben wir beispielsweise die Chefärztin der Triathleten dabei, die auch im Schwimmverband eine Funktion hat. Dann haben wir noch einen Arzt dabei, der aus dem Turnsport kommt und einen, der aus der Leichtathletik kommt. Ich selbst bin Verbandsarzt bei Swiss Cycling und werde daher vor allem die Radsportarten neben der Führungstätigkeit abdecken. Sollte allerdings einmal einer der Ärzte verhindert sein, kann sich auch einer der anderen um ein Problem kümmern, unabhängig von der Sportart.
Wie sieht für Sie ein klassischer Arbeitstag an den Olympischen Spielen aus?
Da muss man differenzieren. Zum einen gibt es die medizinische Betreuung im Olympischen Dorf, zum anderen die Begleitung von Athletinnen und Athleten an die Wettkämpfe, welche wir mit einem Einsatzplan festlegen. Das heisst, es wird Tage geben, an denen ich viel unterwegs bin, es wird aber auch Tage geben, an denen ich hauptsächlich im Olympischen Dorf sein werde. Als Chief Medical Officer habe ich auch gewisse Büroarbeiten, die ich erledigen muss, und wir werden im Führungsteam und im Medical-Team auch immer wieder Sitzungen abhalten. Ich hoffe aber auch, dass wir Zeit haben, selbst etwas Sport zu treiben, uns die eine oder andere Medaillenzeremonie anzuschauen oder am Abend auch einmal ein Bier oder ein Glas Wein zu trinken, um abzuschalten.
Wie viel kann das medizinische Personal zum Erfolg der Schweizer Delegation an den Olympischen Spielen in Paris beitragen?
In der Vorbereitung auf die Olympischen Spiele ist die medizinische Betreuung sicher eines von vielen Puzzleteilen, das den Erfolg der Schweiz beeinflussen kann. An den Spielen selbst hoffen wir aber, dass wir keine grosse Rolle spielen und die Athletinnen und Athleten unverletzt bleiben.
⋌Interview von Selim Jung
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